[Übersicht] · [Weiter]


Virtuelle oder parallele Installation?

Warum eine virtuelle Installation? Soll ich nicht doch lieber Windows parallel installieren und über einen Boot-Manager das jeweilige Betriebssystem laufen lassen?

Die folgende Tabelle liefert dazu einige Antworten:

Vergleichskriterium

Parallelinstallation, Start mit Bootmanager

Windows in VirtualBox

Sicherheit

Ein so laufendes Windows kann auf die gesamte HDD zugreifen, auch auf die Partitionen von ruhenden Betriebssystemen. Das gilt auch für Schadprogramme, die sich eingenistet haben. Es gibt keinen Schreibschutz für fremde Partitionen.

Zugriff nur auf das, was VirtualBox freigibt. Der Rest des Wirtssystems bleibt unsichtbar.

Benutzung

Alle Funktionen des anderen Betriebssystems ruhen.

Das Wirtssystem kann weiter benutzt werden. Insbesondere, wenn das Gastsystem Windows beschäftigt ist, lässt man es in der VirtualBox im Hintergrund weiterlaufen und arbeitet mit dem Wirtssystem. Potentiell unsichere Aktivitäten (z.B. Email-Anhänge öffnen) werden auf dem (hoffentlich) besser gesicherten Wirtssystem durchgeführt.

Datensicherung

Spezialprogramm für Festplatten- oder Partitionsimage erforderlich, wenn die ganze Installation (Partition) gesichert werden soll.

Einfach vdi-Datei der Virtual Box kopieren oder über Funktion "Appliance exportieren/importieren" sichern.

Installation

Aktuelle Treiber für die angeschlossene Hardware (SATA, Grafikkarte, Netzwerkkarte, ...) müssen beschafft werden.

VirtualBox emuliert einen einfachen, kompatiblen Rechner (ausgenommen Prozessor), den Windows mit seinen eigenen Treibern ansprechen kann.

Geschwindigkeit

Gebremst durch (empfehlenswerten) Virenscanner und das Risiko für den Inhalt der gesamten HDD.

Geringe Einbußen (ich habe keine bemerkt) im Vergleich zur Parallelinstallation, insbesondere wenn kein Virenscanner verwendet wird und unnötige Dienste deaktiviert werden.

Neukauf eines Rechners

Neuinstallation des Windows-Betriebssystems erforderlich. Mit Aufwand für Treibersuche, Benutzerkonten, Netzanbindung und Konfiguration ca. 1 Tag.

Die vorhandene Windows-Gastinstallation wird nur kopiert und kann nach der Installation von VirtualBox auf dem neuen Rechner weiterverwendet werden.

Datenaustausch

Über Dateien auf der HDD / USB-Laufwerk. Keine gleichzeitige Nutzung von Dateien durch beide Systeme, da Neustart für den Wechsel erforderlich. Eventuell müssen Programme parallel installiert werden, weil z.B. beide Systeme einen Browser, Email- oder Office-Programme benötigen, dadurch wiederum Kompatibilitätseinschränkungen bei den Dateien möglich.

Über freigegebene Netzlaufwerke für das Gastsystem gleichzeitiger Zugriff möglich, Zwischenablage kann genutzt werden.

Die Bearbeitung von gemeinsam genutzten Daten erfolgt in dem Betriebssystem, welches die besseren Programme anbietet.

Bei der VirtualBox müssen die 'Guest-Additions' installiert werden.

Zugriff auf die Hardware

Exklusiv.

Exklusiv entweder durch Wirt oder Gast. Bei USB-Speichermedien ist parallele Nutzung als Netzlaufwerk im Gastsystem möglich.

Speicherplatzbedarf

Partition fester Größe erforderlich, die oft nur mit speziellen Programmen veränderbar / erweiterbar ist

Dynamisch wachsende Partition. Das Gastsystem (Windows) belegt wenig Platz, glaubt aber, immer genug Kapazität zu haben.

Datenpartition für die Trennung von Programmen und gemeinsamen Dateien.

Erfordert weitere Partition, vorzugsweise mit einem von beiden Betriebssystemen verwendbaren Dateisystem. Sicherheitsrisiko, falls beiden Betriebssysteme auf wichtige Daten zugreifen können.

Nicht erforderlich. Die Daten liegen auf dem Wirtssystem und werden dort wie üblich gesichert. Das Gastsystem bekommt Zugriff auf die benötigten Verzeichnisse, notfalls als nur-lesbar. Wenn Daten zwischen mehreren Gastsystemen ausgetauscht werden müssen (z.B. weil ein Programm unter verschiedenen Betriebssystemversionen getestet werden sollen), kann eine weitere virtuelle Festplatte angelegt werden.

Hohe Performance erforderlich (beispielsweise Spiele)

Mit aktueller Hardware und Windows sind kaum Probleme zu erwarten.

Flüssiger Ablauf ist nicht zu erwarten, da vor allem Spiele oft neueste Grafikkarten und deren Leistungsmerkmale verlangen. Funktionen der Hardware können zwar teilweise an den Gast durchgereicht werden, aber es bleibt eine Bremse für die Anwendung.

Anwendungen beißen sich oder sind nur schwer auf dem gleichen System zu installieren, z.B. verschiedene Versionen eines Programms

Problematisch, muss vom Programm unterstützt werden

Appliance kopieren und zweites virtuelles System einrichten, in jedem wird dann eine eigene Version des Programms installiert. Diese zwei unterschiedlich konfigurierten Gastsysteme können auch parallel gestartet werden - Vorsicht, Lizenzfragen beachten!

Testinstallationen

Lassen sich teilweise mit Windows-Bordmitteln rückgängig machen. Problematisch: Älteres Programm wurde beim Update automatisch deinstalliert, unsauber programmierte Anwendungen, Beigaben (Adware, Frameworks, …) die nicht wieder entfernt wurden, nicht-deinstallierbare Updates.

Können zu 100% rückgängig gemacht werden. Entweder vdi-Datei kopieren und später zurückschreiben oder über Sicherungspunkte.

Abstürze und Fehlfunktionen

Systemfehler und -abstürze treten mit der üblichen Wahrscheinlichkeit auf.

Da das Gastsystem in der virtuellen Umgebung und diese wiederum im Wirtssystem läuft, ist die Gefahr von Systemfehlern und -abstürzen potentiell größer.

Eingeschränkte Funktionalität

Tritt meistens als Treiberproblem für zu alte/neue Hardware auf.

Das Gastsystem lässt sich in der standardisierten Umgebung schnell installieren, bei spezieller Hardware wird der Zugriff schwieriger und muss eventuell über das Wirtssystem erledigt werden. Dafür sind auch nur Standardgeräte möglich.

Teilweise unterstützt VirtualBox nicht alle Funktionen (z.B. eingeschränkt für Audio-CD's in Version 3.1.6), entsprechende Aufgaben müssen über den Wirt erledigt werden.


Dass fast alles für die Virtualisierung spricht, liegt daran, dass auch in der historischen Abfolge die Parallelinstallation früher entwickelt wurde und weniger komplex umzusetzen war, als die Virtualisierung. Der Komfort der Virtualisierung hat eben Nachteile, die nur durch umfangreiche Entwicklung von virtuellen Maschinen und viel ungenutzte Rechenleistung auf dem Wirt möglich wurden.