Kräfte am Rad

Kamm'scher Reibungskreis, Seitenkräfte und Umfangskräfte am Rad

Wichtig für die Kraftübertragung auf die Straße sind die Reibungskräfte auf der Fahrbahn. Die gesamte Vermittlung dieser Haftungskräfte erfolgt über die Reifen.

Für die Betrachtung der Reifenhaftung gibt es das vereinfachte Modell der Coulombschen Reibung, welches für die Darstellung der Grundprobleme reicht, obwohl es nicht ganz sachgerecht ist - Eine genaue, gute und ausführliche Beschreibung der Reifenhaftung an sich habe ich auf der Motorsport-Seite von Bridgestone gefunden.

Hier soll uns Folgendes genügen: Die Kraft ist kaum von der Reifengröße abhängig, sie hängt aber vom Gewicht und den Reibungsverhältnissen zwischen Reifen und Straße ab - wie man es von der Coulombschen Reibung her kennt. Reifen, die für höhere Geschwindigkeitsklassen gebaut sind, haben in der Regel auch weichere Gummimischungen und sollten besser auf der Straße haften.

Ein Reifen muss im Fahrbetrieb zwei Arten von Kräften übertragen:

Wichtig ist, dass Reifen nur ein bestimmtes Kraftschlusspotential haben. Der Kamm’sche Reibungskreis drückt das aus, was aus der Coulombschen Reibung und der verktoriellen Addition der maximal übertragbaren Haftreibungskraft folgt.

Die Grafik zeigt, wie Seitenkräfte, Umfangskräfte und der Kamm’sche Reibungskreis zusammenhängen:

Die einzelnen Bilder bedeuten dabei folgendes:
  1. Dieses Bild zeigt große Längskräfte in einer weiten Kurve. Wenn die Kurve enger wird ...
  2. ... wachsen die Seitenkräfte und für Antriebskräfte bleibt weniger Potential, das Fahrzeug kann also nicht mehr so stark beschleunigt oder gebremst werden.
  3. Hier wird die Bodenhaftung geringer (z. B. auf nasser Straße), das beschränkt sowohl die Möglichkeit, enge Kurven zu fahren, als auch die maximal möglichen Antriebs- und Bremskräfte.
  4. Hier wird die Bodenhaftung größer (z.B. warmer Asphalt in der Mittagssonne), deshalb können Kuven schneller gefahren werden und das Fahrzeug läßt sich stärker bremsen. Durchdrehende Reifen werden unwahrscheinlicher.

Umfangskraft und Seitenführungskraft begrenzen sich gegenseitig. Wenn der Fahrer beim Gasgeben in der Kurve diese Zusammenhänge nicht beachtet, wird der rote Pfeil so lang, dass er den Kamm’schen Reibungskreis verläßt. Auf der Straße heißt das, dass das Rad die Bodenhaftung verliert, durchdreht, blockiert oder das ganze Fahreug zum Ausbrechen (Hinterräder ohne Haftung) bringt bzw. das Fahrzeug geradeaus weiter rutschen läßt (Vorderräder ohne Haftung).

Das Kraftschlusspotential kann durch verschiedene Maßnahmen erhöht werden:

Zusammenhang zwischen Seitenführungs- und Umfangskraft am Rad

In der Praxis erweist sich die Reifenhaftung nicht als einfache Coulombsche Reibung, daher ist der Kammsche Reibungskreis auch eher eine Ellipse, wie das Bild rechts zeigt. Danach kann ein Reifen höhere Umfangskräfte als Seitenkräfte übertragen.


Die Aufstandsfläche des Reifens

Oft hört man, dass ein Lkw nur auf der Fläche eines Zehn-Euro-Scheines steht. Stimmt das? Nun, physikalisch gesehen ist diese Aufstandsfläche mal dem Reifen-Innendruck gleich der äußeren Kraft, die der Reifen auf der Straße abstützt.
Der folgende kleine JavaScript-Rechner berechnet die Kontaktfläche zwischen Reifen und Fahrbahn. Der Wert ist als ungefähre Fläche zu verstehen, in der Praxis muss man berücksichtigen, dass der Reifen weder elastisch noch so dünn wie eine Folie ist:

Berechnung der Aufstandsfläche

Achslast

kg

Reifenfülldruck

bar

cm2

A

Aufstandsfläche je Rad in [m2]

mAchse

Achslast in [kg]

g

Erdbeschleunigung, g=9,81 m/s2

pRad

Reifenfülldruck eines Reifens an der Achse in [N/m²]

Bei einem vollgeladenen Golf mit 890 kg Vorderachslast und 2,5 bar Reifenfülldruck an der Vorderachse ergibt das also (mindestens) 170 cm2 Aufstandsfläche je Rad oder etwa einen 10 € Schein.